Jan Wernke gab Gas und gewann mit einem „crazy“ Ritt den Großen Preis von Rulle. Für Unmut beim Veranstalter sorgten kurzfristige Absagen.
Rulle. Acht Starter im Stechen, acht Ritte auf hohem Niveau. Die Ruller Reitertage waren auch sportlich wieder ein Erfolg, obwohl die ganz großen Namen fehlten. Jan Wernke sicherte sich auf Queen Rubin mit einem Nullfehlerritt in der schnellsten Zeit von 39,55 Sekunden erstmals den Sieg beim Höhepunkt des beliebten nationalen Turniers am Haster Berg. Zweiter wurde Markus Brinkmann (Lützow Herford) mit Pikeur Quick Fire (0/39,71) vor Tobias Meyer (Lohmar) auf Carl (0/40,68). Der mehrfache Rulle-Sieger Tim Rieskamp-Goedeking (Westerkappeln) belegte Rang vier mit Bao Loi (0,42,32)
Im letzten Jahr hatte der Holdorfer Wernke im Sattel von Queen Mary in Dortmund den Großen Preis der Bundesrepublik Deutschland gewonnen. Es war der größte Erfolg seine Karriere. Den Sieg in Rulle genoss der 27-Jährige ebenso. „Toll, wie das Publikum hier mitgegangen ist. Ich habe es beim Springen hautnah gespürt und erlebt. Das spornt an“, freute sich der Springreiter, der am Ende eines spannenden Stechens seinem Pferd dankte. „Queen Rubin hat mich sicher durch den Parcours gebracht. Dabei hätte mein Fehler uns fast den Sieg gekostet“, atmete Wernke auf.
Er ritt schnell, risikoreich und wäre bei einer ganz engen Wendung fast aus dem Rhythmus gekommen. Das war echt „crazy“, merkte der bekannte Reporter und Sprecher Carsten Sostmeier an. „Das kann mir keiner mehr nehmen. Ich komme gerne wieder“, versprach Wernke.
Etwas getrübt wurden die viertägigen Reitertage durch kurzfristige Absagen in einigen Prüfungen. So ging Aushängeschild Philipp Weishaupt aus dem Stall Beerbaum im Großen Preis nicht an den Start, obwohl er die Qualifikationen geritten war. „Wir hatten viele Nennungen, aber im Endeffekt zu wenig Starter“, monierte Maik Schramm, Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Rulle. Für eine Prüfung hätten 79 Reiter gemeldet, am Ende absolvierten aber nur 40 den Wettbewerb. „Das ist nicht fair gegenüber dem Veranstalter und der Öffentlichkeit. Wir kündigen die Reiter an, und dann starten sie nicht. Das müssen wir auch deutlich ansprechen“, bekräftigte Schramm. Im nur 33-köpfigen Feld des Großen Preises waren allein sieben Reiter, die jeweils mit zwei Pferden an den Start gingen. So etwas hätte es früher nicht gegeben. Da war es quasi eine Ehre, im Großen Preis starten zu dürfen.
„Wir haben an diesem Wochenende zu viel Konkurrenzturniere. Die Topreiter sind da unterwegs, wo es das meiste Geld zu verdienen gibt. Das ist verständlich, weil es deren Beruf ist“, begründete Bundestrainer Heiner Engemann das ausgedünnte Starterfeld. Die zweite Garde der Reiter war mit ihren jungen Pferden am Start. „Wir dürfen uns nichts vormachen. Vielleicht müssen wir auf einen neuen Termin gehen oder die Ausschreibungen ändern“, sagte Engemann, der dem engagierten Ruller Team nach wie vor beratend zur Seite steht. Der Bundestrainer der Perspektivgruppe kommt immer wieder gerne zum Haster Berg, weil das Turnier eine Abwechslung bietet zu seinen sonstigen Abstechern. „Manchmal bin ich einen Monat in der Welt unterwegs und nur zu Hause, um die Wäsche zu wechseln.“ Da kommt Rulle gerade recht. „Das ist ein Turnier, das mit dem Herzen gemacht wird in einer freundlichen und familiären Atmosphäre.“
Insgesamt waren Vorsitzender Schramm und Hofbesitzer Heinz Sudowe sehr zufrieden mit dem Ablauf der Veranstaltung, auch wenn einige Pferdesportinteressierte das schöne Wetter nutzten und auf den Besuch des Auftakts der Hallensaison verzichteten. „Wir haben ein Turnier, wo die Kirche noch im Dorf ist. Das ist auch gut so“, betonte Schramm, der von gutem Sport sprach und vor allem das ausverkaufte Showprogramm lobte. „Wir wollen auf diesem Niveau weitermachen.“
Artikel von Michael Jonas, Neue Osnabrücker Zeitung vom 16.10.2017