Was haben ein Dirigent und Führungskräfte gemeinsam? Die Frage beantwortete am Donnerstagabend der international gefragte Dirigent Gernot Schulz auf informativ amüsante Art und Weise. Musikalisch unterstützt wurde der Hamburger Hochschulprofessor und Musikpädagoge dabei von Musikern der Deutschen Philharmonie Bonn.
Melle. Dirigent und Orchester waren auf Einladung der Volksbank in das Solarlux-Forum gekommen. Volksbank-Chef Thomas Ruff bezeichnete die Veranstaltung vor den geladenen Gästen als ein Geschenk an die beiden Solarlux-Geschäftsführer Herbert und Stefan Holtgreife anlässlich der Produktionsaufnahme in den neuen Gebäuden. Beide verbinde nämlich nicht nur die Liebe zu Solarlux, sondern auch zur Musik. „Als begeisterte Amateurmusiker freuen mein Vater und ich uns sehr über dieses Geschenk“, sagte Stefan Holtgreife.
Schulz skizzierte in seinen Redebeiträgen vom Dirigentenplatz aus, was ein Orchester ausmacht: „Ein fein abgestimmtes Miteinander, gute Führung und eine gemeinsame Leidenschaft für das, was sie tun.“ Mithilfe klassischer bekannter Musikstücke machte Schulz deutlich, wie schlecht oder gut die trotz derselben Noten gespielt werden können. Ein nicht präzises Zusammenspiel erlebten die Gäste als Desaster. Aber auch der Vortrag von lustlos spielenden Musikern war alles andere als ein Klangerlebnis. Vom Dirigenten befragte Zuhörer beklagten fehlende Spannung, Emotion und Leidenschaft. Eine Musikerin sagte: „Wir spielen wie Auftragnehmer, nicht wie Musiker.“ Der Dirigent fasste zusammen: Wie immer wir was tun, wirkt es sich sofort auf das Ergebnis oder Produkt aus.“
Ein Orchester bestehe ähnlich wie Teams in Unternehmen aus Einzelkönnern, die aber auch starke Individualisten seien. „Wenn aber deren Zusammenspiel nicht klappt, ist alles für die Katz.“ Musikalische Beispiele zeigten, dass also Führung nötig ist. Insofern eigne sich gerade ein Orchester als Best Practice, denn niemand reagiere so ehrlich und zeitnah auf Führung wie ein Orchester, so Schulz.
Führen durch Vorleben
Anschließend verriet er drei Geheimnisse, die den Erfolg eines Orchesters ebenso wie den eines Unternehmens ausmachen. An erster Stelle stehe Zuhören und nonverbale Kommunikation als Voraussetzung für gemeinsames Agieren. Der Dirigent müsse zudem wahrnehmen können. „Ich führe durch Vorleben, muss gute Leistung wertschätzen und schlechte Dinge bemerken“, betonte der Dirigent. Und schließlich komme es auf den eigenen Standort an. Ein Dirigent stehe vorne und sehe und höre alles. „Dabei muss ihm aber wie jede Führungskraft klar sein, dass seine Wahrnehmung von vorne nicht von allen auf anderen Plätzen nachvollzogen wird.“
Ein Dirigent mit verschränkten Armen? Zuhörer und Musiker hatten Spaß daran zu erleben, wie das klappt. „Ist doch typisch: Wenn der Chef nicht da ist, läuft es umso besser“, befand Schultz unter Gelächter. Aber wenn es nicht laufe, müsse der Chef Input geben und straff führen. Am Beispiel der 9. Sinfonie von Beethoven zeigte er die Umsetzung. Ob Chef oder Dirigent: Beide sollten ein Gespür dafür haben, wann wie geführt wird. „Als guter Führungsverantwortlicher erkenne ich, ob ich Vertrauen in die Mannschaft haben kann oder klare Vorgaben machen muss.“ Ziel sei es immer, den Sinn der Aufgabenstellung zu vermitteln.
Das Plenum schaute und hörte dann mit Vergnügen zu, wie einige Meller das Orchester dirigierten und erlebten, wie selbst kleinste Handbewegungen sofort akustisch umgesetzt wurden. Mit einer Zugabe aus „Carmen“ verabschiedete sich das Orchester unter großem Beifall.
Artikel von Christoph Franken, veröffentlicht im Meller Kreisblatt am 22.10.2016